2025 soll das Jahr des AFVD werden. Der Verband entschied sich nicht nur für einen Wechsel des Austragungsortes des GFL Bowls, sondern die neuen Bundestrainer Christian Rothe (Herren) und Peter Daletzki (U19) sollen mit ihren Teams bei der EM gute Platzierungen erreichen. Das soll auch bei der Flag-Football-EM gelingen, wo die Herren mit dem neuen Head Coach Said Salazar Déciga als Titelverteidiger anreisen und Platz zwölf bei der WM schnellstmöglich vergessen lassen wollen und die Frauen ebenfalls aufs Podium wollen. Hinter den Kulissen rumort es jedoch. Im Fokus der Kritik steht der Vize-Präsident Sport Andreas Kegelmann.

Als Teil von Restart21 war er maßgeblich daran beteiligt, dass das alte AFVD-Präsidium rund um Präsident Robert Huber Ende 2022 nach rund 25 Jahren im Amt abgelöst wurde. Der emsige Funktionär, der sich auch im Landesverband Nordrhein-Westfalen im Vorstand engagiert und das Auswahlteam Green Machine seit Jahren erfolgreich begleitet, verliert bundesweit jedoch an Rückhalt. Bereits bei der Reform der GFL Juniors hagelte es Kritik, dass die Vereine in den Prozess nicht miteinbezogen wurden, sondern lediglich in einer Chatgruppe aller Head Coaches über die Anpassung zur U20 gesprochen wurde.
Doch während sich mittlerweile der Rauch diesbezüglich gelichtet hat, eckt Kegelmann weiter mit seinem Auftreten an. Dies sorgte letztlich dafür, dass der Sportdirektor der Herren-Nationalmannschaft, Claus Holtz, zwei Tage vor der Bundesversammlung am 21. November 2024 sein Amt niedergelegt hat, wie er Footbowl erklärt. „Unsere Vorstellungen von professionellem und als positiv empfindbarem Management liegen sehr weit auseinander. Dem Präsidium und auch den anderen 14 Landesverbänden habe ich dies auch mit Erläuterungen im Detail per E-Mail mitgeteilt“, begründet er.
Auf Nachfrage führt er aus, dass er sich einen besseren Austausch gewünscht hätte. „Als Manager muss ich viel informieren und kommunizieren, mit den Menschen und nicht über ihre Köpfe hinweg. Einbeziehen statt ausspielen. Mein Wissen teile ich gerne und gebe es weiter. Ich benutze es nicht und filtere es nicht für bestimmte Zwecke“, nennt Holtz seine Vorstellung für ein Person mit Führungskompetenz. Genau diese Dinge vermisst er jedoch bei Kegelmann.
Während der Beschuldigte selbst nicht auf telefonische und schriftliche Anfrage reagiert hat, meldet sich sein Vorstandskollege zu Wort. „Das sind zwei gestandene Männer, da knirscht es mal“, beschwichtigt Fuad Merdanovic. Der AFVD-Präsident berichtet zudem, dass sich Holtz und Kegelmann seither wieder angenähert haben, was Ersterer bestätigt. „Wenn wir gemeinsame Themen oder Termine haben sollten, gehe ich respektvoll mit ihm um. Alles in allem würde ich das Verhältnis aus meiner Sicht als neutral beschreiben“, so Holtz.
Doch mit der Kritik an Kegelmann ist der Präsident des niedersächsischen Landesverbandes beileibe nicht alleine, denn auch mit den Bundestrainern lief längst nicht alles rund. Das zeigt nicht zuletzt das Beispiel Philipp Stursberg. Der Coach übernahm kurz nach dem Präsidiumswechsel die U19 und führte das Team zurück auf die höchste europäische Stufe. Bei der aktuell laufenden Europameisterschaft verpasste sein Team knapp den Sprung in die Endrunde, das Heimspiel gegen Schweden ging mit 22:23 verloren. Mitte Dezember dann die Überraschung: Peter Daletzki ist der neue HC der U19. „Aufgrund unterschiedlicher Ansichten in der Personalpolitik haben sich die Wege zwischen mir und dem Verband nun getrennt“, sagte Stursberg damals.
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Auf Nachfrage von Footbowl schildert der einstige Bundestrainer den Grund. So forderte Kegelmann immer wieder, dass Stursberg Daletzki als Offensive Coordinator in sein Team holt. „Ich habe ihm immer wieder dargelegt, warum ich ihn nicht im Team haben möchte“, berichtet Stursberg. Dies habe er auch nach dem Schweden-Spiel dem ganzen Präsidium nochmal dargelegt, doch wenig später folgte seine Entlassung. Brisant: Statt einem persönlichen Gespräch gab es die Entlassung via WhatsApp.
Merdanovic führt eher sportliche Gründe für den Wechsel auf dem HC-Posten an. „Durch die Niederlage müssen wir eine Ananasrunde drehen, die uns viel Geld kostet“, kritisiert er. Damit spielt er auf die knappe Niederlage an, mit denen die deutsche U19-Mannschaft die Finalrunde in diesem Jahr verpasst hat. Für Merdanovic war es unter anderem unverständlich, warum Stursberg auf einen Kicker verzichtet hat.
Stursberg lässt das nicht auf sich sitzen: „Es ging immer nur ums Personal, nie ums Sportliche.“ In einer ausführlichen Analyse hat er dem Präsidium drei taktische Fehler dargelegt, die seinem Team den Sprung in die Finalrunde gekostet haben. „Wir haben bereits in der Vorbereitung versucht gegen zu steuern, aber sind in der ersten Hälfte jeweils einmal bei den angesprochenen Punkten geschlagen worden“, schildert er. Dennoch habe seine Truppe die zweite Hälfte klar gewonnen. Auch den Vorwurf des fehlenden Kickers weist er zurück: „Unser Kicker stand uns wegen eines College-Termins nicht zur Verfügung und sein Ersatz konnte nur eine bestimmte Range kicken.“ Daher habe man immer wieder den 4th Down ausspielen müssen.
Auch die Entlassung von Nicole Manthey, die Ende September 2023 nach nur etwas mehr als einem halben Jahr passierte, verlief alles andere als geräuschlos ab. „So wurde ich in meinem ganzen Leben noch nicht behandelt“, kritisiert sie. Dabei hatte der Vorstand massiv um die verdiente Trainerin geworben, die 2009 die Frauen Nationalmannschaft gegründet hat. Zwar sei ihr von Beginn an klar gewesen, dass es ein Himmelfahrtskommando werden würde, doch dass es letztlich so ablaufen würde, hätte sie bei ihrem Amtsantritt wohl nicht gedacht. „Ich habe bereits nach dem Sieg gegen England gemerkt, dass die Rückendeckung weg war“, erinnert sie sich an das knappe 23:22 Ende Mai 2023 zurück.
Trotz des überraschenden Erfolgs wusste sie bereits wenige Wochen später, dass sie entlassen werden sollte. Offiziell wurde dieser Schritt aber erst nach der Niederlage gegen Spanien vollzogen. „Das war ein abgekartetes Spiel“, moniert sie noch heute. Besonders auf Kegelmann ist sie alles andere als gut zu sprechen. „Zwei Wochen nach dem Sieg gegen Großbritannien erlebte ich, was toxisches männliches Verhalten bedeutet. Anstatt sich für sein wiederholt unangemessenes Auftreten mir und anderen Mitgliedern der Nationalmannschaft gegenüber zu entschuldigen, reagiert er mit der Drohung, mich rauswerfen zu wollen.“ Diesen Worten ließ der Vize-Präsident einigen Monaten später Taten folgen.
Merdanovic weist auch hier die Kritik an Kegelmann und dem Präsidium entschieden zurück. So habe man immer wieder das Gespräch mit Manthey gesucht und offen und ehrlich mit ihr gesprochen. „Wenn man jedoch mit dem Kopf durch die Wand will, dann wird es schwierig“, kontert der AFVD-Präsident. Die Entscheidung ist dem Präsidium dennoch alles andere als leicht gefallen. „Sie hat auf ihren Weg bestanden und war zu keinem Kompromiss bereit“, schildert er.
Die aktuelle Kritik zeigt jedoch, dass längst nicht alles reibungslos verläuft. Zur Wahrheit gehört aber auch: Kegelmann wurde trotz der Kritik an seiner Person wiedergewählt – wenn auch nur mit knapper Mehrheit. „Jeder der Landesverbände hätte einen Gegenkandidaten aufstellen können, aber es gab keinen“, sagt Merdanovic. Somit wird sich zeigen, wie es weitergeht. Schließlich meint Manthey: „Es ist signifikant, wie viele Menschen dem Verband wegen Andreas Kegelmann den Rücken gekehrt haben.“ Der Verbandschef hält jedoch dagegen, schließlich habe sich im Verband bereits einiges ins Gute gewendet. So müssen die Spieler und Coaches keinen Eigenanteil mehr bei Maßnahmen für die Nationalmannschaft leisten, das war in der Ära von Robert Huber noch anders. „Wir als Präsidium sind jederzeit offen für Kritik und Anregungen“, betont Merdanovic.