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Foto: Steve Vogginger

Ex-ELF-Spieler und Sportpsychologe, Lorenz Regler, über Coaching im deutschen Football, Herausforderungen und warum seine Vergangenheit jetzt ein Vorteil für ihn ist.

Lorenz Regler spielte bis 2024 als Wide Receiver für die Frankfurt Galaxy und Munich Ravens in der ELF. Mittlerweile arbeitet der 29-Jährige aus München als Sportpsychologe. Dabei betreut er nicht nur Athleten aus seinem Sport, dem American Football. Sein Portfolio als sportpsychologischer Experte umfasst Sportarten wie Billard, Fußball und Tanzen. Elias Scharner hat Regler zum Exklusivgespräch getroffen, um über das Thema Sportpsychologie zu sprechen.

Wann hast du die Sportpsychologie für dich entdeckt?

Tatsächlich erst nach meinem Bachelor in „Sportwissenschaft“. Ich habe mich für den Master, für den es zwei Optionen gab, beworben. Die Auswahlmöglichkeiten waren „Trainingswissenschaft im Leistungssport“ und „Sportpsychologie“. Zuerst wollte ich Trainingswissenschaft machen. Nachdem ich aber ein bisschen darüber nachgedacht hatte, wurde es doch Sportpsychologie.

Warum hast du dich schlussendlich für den Master in Sportpsychologie entschieden?

Es ist schwierig zu sagen, warum ich mich letztlich dafür entschieden habe. Ich habe z.B. als Spieler schon gesehen, dass ich mich hin und wieder in Auswahlmannschaften anderen Jungs gegenüber durchgesetzt habe, obwohl sie physisch bessere Voraussetzungen hatten. Dadurch habe ich gemerkt: ‚Okay, ich lege irgendwie ein anderes Mindset an den Tag.‘

Den Kopf kannst du halt nicht ausschalten, der spielt immer seine Rolle. Mir ist so mehr bewusst geworden: Du lernst in allen Sportarten jede Technik bis ins kleinste Detail, um besser zu werden, aber was zwischen den Ohren passiert, das wird dir irgendwie nicht beigebracht.

Lorenz Regler: „Das Geld ist eine Hürde, aber du brauchst auch Coaches und Funktionäre, die davon überzeugt sind“


Hast du während deiner Zeit als Leistungssportler sportpsychologische Unterstützung in Anspruch genommen?

Tatsächlich nicht. Leider muss ich sagen, weil ich jetzt sehr davon überzeugt bin. Es gab nie – egal wo ich gespielt habe – das Angebot dazu. Ich habe mich auch nicht selbst danach umgeschaut.

Wie hoch ist aktuell die Nachfrage nach sportpsychologischem Coaching im American Football in Deutschland?

Ich weiß, dass es vereinzelt Vereine gibt, die hin und wieder jemanden im Einsatz haben. Festangestellte Sportpsychologen gibt es meines Wissens nicht. Die Sportpsychologen werden ab und zu für Workshops gebucht, damit du quasi das Team als Ganzes abholst.

Aber die meisten Herausforderungen sind ja auf individueller Ebene und somit brauchst du eigentlich schon die Möglichkeit, 1-zu-1-Sessions zu machen. Aktuell betreue ich im dritten Jahr die Flag-Football-Nationalmannschaften Deutschlands. Hier ist das gang und gäbe.

Was sind Gründe für Vereine, nicht auf sportpsychologische Unterstützung zu setzen?

Das Geld ist eine Hürde, aber du brauchst auch Coaches und Funktionäre, die davon überzeugt sind, dass das Mentale eine wichtige Rolle spielt und man daran genauso arbeiten kann wie an physischen Fähigkeiten.

Wenn du ins Fitnessstudio gehst und sechs Wochen lang Übungen machst, um höher springen zu können, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass du danach höher springst. Aber dieser kausale Zusammenhang ist in der Sportpsychologie einfach nicht gegeben, oder ist schwierig herzustellen. Habe ich jetzt den Ball gefangen, weil ich davor tief durchgeatmet habe? Das wirst du nie beantworten können. Somit ist Überzeugungsarbeit und Vertrauen nötig.

Wie beginnt der Coachingprozess?

Das Wichtigste ist in erster Linie immer der persönliche Beziehungsaufbau. Also man muss erst herausfinden, ob man sich versteht und auf einer Wellenlänge ist. Wenn das nicht gegeben ist, ist es schwierig, gemeinsam an etwas zu arbeiten. Deswegen biete ich immer ein kostenloses und unverbindliches Erstgespräch an, weil mir das sehr wichtig ist, zu wissen, ob das überhaupt funktionieren würde.

Weiters muss erörtert werden: ‚Was ist die Problematik? Was erwünscht du dir, was wir gemeinsam erarbeiten können?‘

Merkt man beim Coaching einen Unterschied zwischen Frauen und Männern?

Frauen sind sehr häufig deutlich offener, über ihre Gefühle zu sprechen und das Ganze zuzulassen.

Lorenz Regler: „Es ist sehr wichtig, die Sprache der Sportler zu sprechen“


Du hast Leistungssport betrieben. Ist das ein Vorteil gegenüber anderen Sportpsychologen, die selbst keinen Leistungssport gemacht haben?

Meine erste Tendenz geht schon zu ja, einfach weil es dir ein gewisses Standing bei den Athleten gibt. Vor allem im Football, insbesondere im Flag Football, ist es so, dass die Spieler zu mir kommen und sagen: ‚Hey, du weißt ja, wie es sich anfühlt, einen Ball fallen zu lassen. Lass uns mal darüber reden.‘

Man muss aber vorsichtig sein, nicht von seinen eigenen Erfahrungen auf andere Personen zu schließen. Die Probleme, Bedürfnisse und Wünsche sind sehr individuell. Nur weil ich etwas so erlebt habe, heißt das nicht, dass jeder das so erlebt hat.

Was – glaube ich – auch ein wenig unterschätzt wird: Da ich selbst im Leistungsbereich aktiv war, weiß ich einfach, wie im Sport miteinander geredet wird. Es ist sehr wichtig, die Sprache der Sportler zu sprechen.

Wie soll ein Sportpsychologe, der z.B. nie auf Leistungsniveau Football gespielt hat, einem Profi-Footballspieler helfen können?

Es gibt viele Beispiele, die zeigen, dass man nicht der beste Spieler sein musste, um Spielern z.B. als Head Coach weiterzuhelfen. Bill Belichick war kein überragender Spieler, hat dennoch als Cheftrainer eine Dynastie bei den Patriots aufgebaut.

In der Sportpsychologie braucht man – in Bezug auf deine Frage – ein sehr hohes Maß an Empathie. Ich merke aber auch: Wenn ich eine mir unbekannte Sportart betreue und ich die „dummen Fragen“ stelle, beantwortet sich der Athlet selbst ein paar Fragen. Fragen, die er gar nicht wusste, dass er die noch hat. Sportler, die sich schon lange Zeit auf einem hohen Level in ihrer Sportart befinden, sind teilweise in einer Bubble gefangen. Sie denken nicht mehr über die grundlegenden Dinge nach. Manchmal müssen gewisse Sachen einfach neu eingeordnet und evaluiert werden. Ein neutraler und nicht vorbelasteter Blick von außen kann helfen.

Was ist dein Lieblingszitat zum Thema Sportpsychologie?

„You gotta be humble enough to know you’re replaceable, but confident enough to know it would be a downgrade.“ Auf Deutsch: „Du musst bescheiden genug sein, zu wissen, dass du ersetzbar bist. Aber, du musst selbstbewusst genug sein, zu wissen, dass dich zu ersetzen, ein Verlust wäre.“ Ein Zitat mit dem ich sehr gerne arbeite, weil ich auch viel mit dem Thema Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen in Kontakt komme.

Welches Lied motiviert dich am meisten?

„Through Grit And Glory“ von David Robidoux. Dieses Lied hat mich die meiste Zeit in meiner Karriere begleitet und mir immer gut Gänsehaut gegeben vor dem Spiel.

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