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Die European League of Football (ELF) befindet sich auf der Zielgerade ihrer vierten Saison und steht vor einem entscheidenden Wochenende. Die Halbfinalspiele am kommenden Wochenende bieten spannende Matchups. Die bisher ungeschlagenen Vienna Vikings empfangen die Paris Musketeers. Stuttgart Surge trifft zu Hause auf den letztjährigen Champion Rhein Fire. Doch wie steht es um die Zukunft der ELF? Während die sportliche Entwicklung in vielerlei Hinsicht positiv verläuft, zeigen sich zunehmend Herausforderungen im wirtschaftlichen Bereich.

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Positive Entwicklungen: Zuschauerzahlen und sportliches Niveau

Die Zuschauerzahlen in der aktuellen Saison sprechen für sich. Mit voraussichtlich mehr als 450.000 Fans, die die Spiele live in den Stadien verfolgten (inkl. Playoffs), konnte die ELF trotz der Europameisterschaft im Fußball im Sommer erneut einen Anstieg verzeichnen. Dies unterstreicht das zunehmende Interesse am American Football in Europa und die wachsende Bedeutung der Liga. Auch das sportliche Niveau der Liga hat sich weiter verbessert. Besonders die Top-5-Teams der Liga – darunter Rhein Fire, Vienna Vikings, Stuttgart Surge und Paris Musketeers – würden sich in den nationalen Ligen wahrscheinlich die Krone aufsetzen. Zwar ist ein direkter Vergleich mit anderen Football-Ligen in Europa aufgrund unterschiedlicher Regularien (z.B. der Anzahl an US-Spielern) schwierig, doch hat sich das Leistungsniveau der ELF stark etabliert und sucht seinesgleichen. Ein weiterer Erfolg der Saison 2023 war die Etablierung des neuen Franchises Madrid Bravos. Die Spanier schafften es in ihrer Prämieren-Saison bis in die Wildcard-Runde. Dort schieden sie jedoch deutlich gegen den letztjährigen Champion Rhein Fire aus. Interessant dabei: Die Bravos waren das einzige Team, das Rhein Fire seit den Leipzig Kings (2022) schlagen konnte.

Herausforderungen: Finanzielle Probleme und wirtschaftliche Schieflage

Ungeachtet der sportlichen Erfolge hat die ELF weiterhin mit finanziellen Herausforderungen zu kämpfen. Bereits in den ersten beiden Jahren schrieb die Liga selbst jeweils Verluste von etwa 1,5 bis 1,6 Millionen Euro, wie aus den veröffentlichten Bilanzen hervorgeht. Auch in der aktuellen Saison spitzten sich die wirtschaftlichen Probleme bei mindestens einem Franchise zu. Die Leipzig Kings und Istanbul Rams mussten sich bereits vor bzw. während der letzten Saison aus dem Spielbetrieb zurückziehen. Sie konnten finanzielle Engpässe nicht überwinden. Auch die Prague Lions kämpften mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Tschechen konnten ein Auswärtsspiel in der Saison 2023 nicht bestreiten, da die finanziellen Mittel nicht ausreichten. Besonders bedenklich sind Berichte über die Barcelona Dragons, die angeblich seit Juni keine Spielergehälter mehr zahlen. Zudem sollen die Hamburg Sea Devils nicht alle Stadionmieten ihrer „Heim- /Europatour“ fristgerecht zahlen. Diese Entwicklungen werfen einen Schatten auf die Zukunft mancher Standorte. Die finanziellen Probleme einzelner Teams zeigen, dass die ELF trotz des sportlichen Erfolgs wirtschaftlich noch nicht stabil ist.

Einseitige Ergebnisse und sportliche Wettbewerbsfähigkeit

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die oft einseitigen Ergebnisse. Teams wie die Vienna Vikings, Stuttgart Surge, Munich Ravens und Tirol Raiders profitierten von vergleichsweise leichteren Spielplänen. Auch wenn Rhein Fire einen anspruchsvolleren Spielplan hatte, fielen viele ihrer Siege dennoch deutlich aus. Diese unausgewogene Wettbewerbsfähigkeit könnte langfristig die Attraktivität der Liga beeinträchtigen. Für den neutralen Zuschauer ist es bereits jetzt abschreckend sich für ein 60:0 in ein Stadion oder vor den Fernseher zu setzen.

„Das läuft massiv schief, wenn du so eine Diskrepanz hast innerhalb einer Liga. Das hat damit zu tun, dass wir versuchen, im American Football den Transfer vom Amateurwesen zum Profitum hinzubekommen.“

Commissioner Esume im Interview mit der RP in Bezug auf die 0:90 Niederlage der Barcelona Dragons

Wie soll dieser Transfer zustande kommen, wenn schon die Rahmenbedingungen der unterschiedlichen Länder, bzw. Märkte dies ohne Anpassung der Liga-Regularien nicht hergeben? Ein erster Schritt könnte die Anpassung der Tie-Breaker Regelung sein, die in dieser Saison dafür gesorgt hat, dass vor allem die Munich Ravens hohe Blow-Out Siege gegen die Teams aus den unteren Tabellenregionen sammelten, um sich eine Position vor den Tirol Raiders oder den Madrid Bravos zu sichern.

Commissioner Patrick Esume – Foto: Just Shots

Rhein Fire als Zugpferd, aber auch hier gibt es Sorgen

Rhein Fire als amtierender Champion und das Zugpferd der Liga, steht im Rampenlicht. Doch auch hier gibt es Warnzeichen für die Zukunft. Dabei sprechen die sportlichen Erfolge, ungeschlagener Champion in 2023, 12 Siege bei einer Niederlage in 2024 und noch alle Chancen auf den Titel beim Championshipgame in Gelsenkirchen, für sich. Diese Dominanz lässt sich auf die unermüdliche Arbeit der Owner und die teilweise nostalgisch angehauchten Fans zurückführen. Vergleicht man Rhein Fire mit allen aktuellen Franchises in Europa, kann man zu dem Schluss kommen, dass das Team um Coaches, Offense, Defense und Special Teams seinesgleichen sucht. Der Besuch eines Spiels bei Rhein Fire ist ein runder Tagesausflug, umrandet von Tailgating auf den Parkplätzen, Events für die Fans auf der Powerparty mit Livemusik, sowie speziellen Fanclub Angeboten. Das Feuer zieht eben Zuschauer und starke Sponsorenpartner an.

Dennoch äußerten die Besitzer des Teams, vertreten durch Martin Wagner, in einem Facebook-Post Bedenken für die kommende Saison 2025. Ursache dafür war der enttäuschende Ticketverkauf für das Playoff-Spiel gegen die Madrid Bravos, bei dem nur vier Tage vor dem Spiel weniger als 5.000 Tickets verkauft wurden. Während der regulären Saison konnte Rhein Fire einen Zuschauerschnitt von über 11.000 Fans erzielen. Ein zentraler Punkt der Kritik war die Preiserhöhung für die Playoffs, die bei vielen Fans auf Unmut stieß. Laut dem Rhein Fire Management wurden diese Preisanpassungen notwendig, um die hohen Qualitätsstandards des Events aufrechtzuerhalten. Unerwartete Kostensteigerungen hätten die ursprüngliche Finanzplanung über den Haufen geworfen, sodass die Preiserhöhungen unumgänglich gewesen seien. Das Team appellierte an seine Fans, Rhein Fire weiterhin zu unterstützen, um auch in Zukunft ein Erlebnis auf hohem Niveau anbieten zu können. Der Ticketverkauf des Playoff-Spiels könnte also Einfluss auf die Planungen für die kommende Saison haben. Es stellt sich dennoch die Frage, ob der Markt an dieser Stelle vielleicht schon gesättigt ist und eben genannte Preiserhöhungen den Zuschauerschnitt beim Ligaprimus eventuell wieder einbrechen lassen oder ob das geringere Zuschaueraufkommen mit der deutlich geringeren Vorlaufzeit zu tun hat.

Einfluss und Abwanderung der Football Bromance

Patrick Esume, zeitglich auch Gründer und Commissioner und das Gesicht der Liga, ist eines der großen Bromantiker-Gesichter in der ELF. Über die Jahre hinweg haben mit Björn Werner, Kasim Edebali, Dominik Eberle, Sami Chourbaji und Jennifer Becks viele Gesichter des Football Bromance Casts an der Liga mitgearbeitet. Björn Werner hat zuletzt die Anteile des Franchises Berlin Thunder nach einer enttäuschenden Saison abgegeben, um wieder mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können. In Berlin ist somit neben der Stadionfrage für die kommende Saison unklar, wer diese Lücke menschlich wie sportlich füllt.

Dominik Eberle, der mit einer Ausnahmeregelung aufgrund seiner sportlichen Wurzeln im American Football für Thunder die Schuhe schnürte, konnte aufgrund einer Fußverletzung keine Akzente in dieser Saison setzen. Sein Vertrag läuft aus. Eine Verlängerung ist aufgrund seiner neuen Tätigkeit als Kommentator des „Bromance Game of the Week“ beim DAZN NFL Gamepass eher unwahrscheinlich. Kasim Edebali folgt Werner und Esume mit einem Jahr Verspätung von RAN zu RTL, um an der Übertragung der NFL Spiele teilzuhaben. Ob Kasim Edeballi auch nächste Saison bei RAN rund um die ELF zu sehen sein wird, ist offen. Sami Chourbaji, der zuletzt zum Geschäftsführer der Bromance Sports GmbH aufstieg, ist mit seinem Format „Sami on the Road“ in dieser Saison schon seltener zu sehen gewesen. Auch hier ist eine Abkehr von der ELF nicht unrealistisch. Somit bleiben noch Kasim Edebali, Jenny Becks als Field Reporter und eben Patrick Esume, der als Gesicht der Liga gesehen wird. Die Frage ist, wie lange Esume das noch sein möchte und auch sein wird.

Wohin des Weges, ELF?

Die European League of Football steht an einem wichtigen Punkt ihrer Entwicklung. Sportlich gesehen ist die Liga auf einem guten Weg. Die Zuschauerzahlen steigen und das Niveau der Spiele ist hoch. Zudem wird mit neuen Franchises, wie den Madrid Bravos, das Produkt Football in Europa weiter verbreitet. Doch die wirtschaftlichen Herausforderungen der Teams und der Liga als solche werfen Fragen über die langfristige Stabilität auf. Regular Season Blowouts führen dazu, dass richtige Spannung erst zu den Playoffs aufkeimt. Entsprechende Strukturanpassungen innerhalb der Liga sind zwingend erforderlich, um eine Ausgeglichenheit in den Conferences zu fördern. Mit den Halbfinalspielen dieses Wochenende und einem möglichen Finalsieg der Surge oder Musketeers könnte die ELF weiter an sportlicher Attraktivität gewinnen. Denn dann gäbe es nach 4 Saisons 4 verschiedene Champions. Doch ohne eine stabile wirtschaftliche Basis wird es schwierig sein, dieses Wachstum nachhaltig zu gestalten. Football-Fans in Europa hoffen, dass die ELF die Herausforderungen meistert. Die kommenden Monate werden hierbei von Bedeutung sein.

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