Foto: Manfred Löffler
Wenn man über Herz, Hingabe und pure Arbeitsmoral bei den Schwäbisch Hall Unicorns spricht, fällt unweigerlich ein Name: Simon Baumgartner. Der Defensive Liner steht wie kaum ein anderer für die Mentalität des viermaligen Deutschen Meisters. Im Gespräch mit Foot Bowl erzählt er, was ihn antreibt, wie er seine Rolle im Team versteht und warum die Unicorns seiner Meinung nach schon bald wieder zur nationalen Spitze gehören werden.

Simon Baumgartner: Der Second-Effort-Guy
Baumgartner beschreibt sich selbst als einen Spieler, der niemals aufgibt – egal, wie aussichtslos eine Situation scheint.
„Ich bin so der Second-Effort-Guy. Ich hole mir meine Sacks und Tackles durch Dranbleiben, durch hartes Arbeiten, nicht aufgeben. Auch wenn der O-Liner mich im ersten Versuch schlägt, bleibe ich dran.“
Körperlich sei er vielleicht nicht der klassische Prototyp eines Defense Ends, aber das gleiche er durch Einsatz, Spielintelligenz und Leidenschaft aus.
Vom Fußballplatz in die D-Line
Zum American Football kam Baumgartner über einen Freund aus seinem Heimatort.
„Fußball war nichts mehr für mich, zu wenig körperlich, an anderen Stellen zu körperlich. Dann meinte mein Kumpel Jannik: ‚Probier’s einfach mal aus.‘ Ich bin ins U16-Training gegangen und wurde vom Headcoach Jordan Neuman einfach in die Line gesteckt. Das hat direkt gepasst.“
Was als spontane Idee begann, wurde schnell zur Leidenschaft und schließlich zu einer Karriere in der GFL.
Gänsehaut beim ersten GFL-Spiel
Besonders in Erinnerung geblieben ist Baumgartner sein erstes Spiel im Unicorns-Trikot auf GFL-Niveau.
„Der Moment, wo es aus der Kabine durch den Tunnel geht… und da stehen dann Idole von mir – Leute wie Nick Alfieri. Ich dachte nur: ‚Krass, mit dem darf ich jetzt zusammenspielen.‘ Das war Gänsehaut pur.“
Organisation auf Top-Level und echte Freundschaft
Seit seiner Jugend spielt Baumgartner ausschließlich für die Unicorns. Vergleichswerte zu anderen Vereinen hat er deshalb kaum, aber er weiß, was er an seinem Team hat.
„Was man von Spielern hört, die zu uns kommen – es ist wirklich Top Level an Organisation.“
Auch die Stimmung im Team beschreibt er als außergewöhnlich positiv:
„Ich habe mich noch nie so wohl gefühlt wie dieses Jahr. Wir sind alle richtig gute Freunde geworden. Jetzt, wo die Saison vorbei ist, fühlt es sich falsch an aufzuhören, weil man den Fortschritt nicht verlieren will.“
Highlight-Spiel in Aalen
Ein besonderes Erlebnis war für Baumgartner das erste große Eventspiel der Unicorns in Aalen, wohin das Team für den Pink Bowl gegen die Pforzheim Wilddogs ausgewichen war. Das Heimspiel wurde ins größere Stadion verlegt, um mehr Fans Platz zu bieten und das Konzept ging auf.
„Es war wirklich etwas Besonderes, die Atmosphäre, die Bühne, die vielen Fans. Das war ein echtes Highlight dieser Saison. Ich hoffe, solche Event-Spieltage gibt’s künftig öfter.“
Ein junges Team mit Zukunft
Nach dem Umbruch und der Verjüngung des Kaders sieht Baumgartner großes Potenzial.
„Wir hatten Spiele, wo sechs bis sieben Rookies in der Defense gestartet sind und die waren richtig stark. Wenn wir zusammenbleiben und punktuell mit den richtigen Imports verstärken, sehe ich uns in zwei, drei Jahren wieder an der Spitze.“
Für die kommende Saison ist er optimistisch: „Das Mindestziel ist, den Süden zu gewinnen. Halbfinale ist realistisch und dann hängt alles von der Tagesform ab.“

Verantwortung übernehmen
In der Defense versteht sich Baumgartner als ruhigen, verlässlichen Leader.
„Ich bin eher ruhig, lasse Taten sprechen. Aber daran will ich arbeiten, weil manche Mitspieler es brauchen, dass jemand laut führt.“
Seine Vielseitigkeit kam in dieser Saison besonders zum Tragen, als er kurzfristig auf eine andere Position wechseln musste.
„Ich bin eigentlich D-Liner, aber als unsere Inside Linebacker ausgefallen sind, habe ich im Saarland dort gestartet. Das hat gut funktioniert – back to the roots quasi.“
Tunnelmusik und klare Ziele
Eine feste Pre-Game-Routine hat Baumgartner nicht – dafür eine klare Lieblingsszene vor jedem Spiel.
„Ich höre einfach das, was in der Kabine läuft – meistens Ami-Rap. Mein Highlight ist ‚Dreams and Nightmares‘, wenn wir in den Tunnel laufen – das pusht mich richtig.“
Ein Satz aus der Jugend begleitet ihn bis heute und prägt seine Spielweise:
„Der O-Liner ist nicht dein Ziel – der Quarterback ist dein Ziel.“
Ein Coaching-Point, der simpel klingt, aber in seinem Spiel entscheidend ist.
„Wenn man sich das wirklich vor Augen hält, verändert das den Spielstil. Ziel ist nicht, den O-Liner zu dominieren, sondern den Quarterback zu stoppen. Das ist die Belohnung der Arbeit.“
Worte an die Fans
Zum Abschluss richtet Baumgartner eine emotionale Botschaft an die Unicorns-Community:
„Liebe Unicorns-Fans, vielen, vielen Dank, dass ihr immer so zahlreich bei den Spielen seid. Das ist das Größte überhaupt – 1.500 bis 2.000 Zuschauer im Schnitt, 4.000 beim Pink Bowl – das gibt unfassbar viel Kraft. Wir werden alles tun, um euch das zurückzugeben. Und vielleicht trinken wir dann irgendwann zusammen Freibier nach dem gewonnenen German Bowl.“