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Die European League of Football steht vor der schwersten Bewährungsprobe ihrer fünfjährigen Geschichte. Mit der Gründung der European Franchise Association (EFA) und dem offenen Austritts-Szenario von mehreren Topteams ist klar: So kann es nicht weitergehen.
Was bislang hinter verschlossenen Türen verhandelt und besprochen wurde, kommt spätestens seit dieser Woche immer mehr an die Öffentlichkeit: Die Franchises wollen Mitbestimmung und Sicherheiten. Und sie sind bereit, dafür notfalls die ELF zu verlassen und ihre eigene Liga zu gründen.
Martin Wagner (Co-Owner Rhein Fire): „Wir wollen nicht mehr unter diesem Dach spielen“
Rhein Fire Co-Owner Martin Wagner ließ in einem Interview mit RP-ONLINE keinen Zweifel daran, wie ernst die Lage ist:
„Wir wollen nicht mehr unter diesem Dach spielen.“
Ein Satz, der wie ein Ultimatum klingt und auch so gemeint ist. Die Kritik richtet sich gegen die Struktur der ELF, in der zentrale Entscheidungen an den Franchises vorbei getroffen würden. Wagner betont: Wenn sich nichts ändert, werden Fire und andere große Teams eigene Wege gehen, unter dem Dach der EFA, einer neuen Interessenvertretung, die bereits jetzt konkrete Reformvorschläge erarbeitet.

Thomas Kösling (Sportdirektor Frankfurt Galaxy): „Im Moment kein gutes Footballprodukt“
Auch bei Frankfurt Galaxy ist die Geduld am Ende. Thomas Kösling äußerte sich im Podcast Out of Bounds ungewöhnlich deutlich:
„Wenn man es objektiv und neutral betrachtet, ist die ELF im Moment kein gutes Footballprodukt.“
Kösling nennt konkrete Punkte: mangelnde Professionalisierung, keine einheitlichen Standards, schwankende Spielqualität, fehlende Fans in manchen Stadien und zu viele Blowouts.
„Warum sollte ich mir Tickets kaufen, wenn ich 60:0 oder 57:0 sehe? Wenn ein Spiel abgesagt wird? Wenn Spieler vor dem Dixi-Klo stehen müssen?“
Seine Forderung ist klar: Die Liga braucht einheitliche Standards. Ob bei Powerpartys, Fan-Erlebnis, Importregelungen oder Infrastruktur. Ohne ein verbindliches Regelwerk wird es kein nachhaltiges Wachstum geben.
Eric Reutemann (General Manager Frankfurt Galaxy): „Austritt ist nicht ausgeschlossen“
In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) bestätigte Galaxy-GM Eric Reutemann, dass auch Frankfurt offen für einen Ligawechsel sei:
„Das ist nicht ausgeschlossen, aber wir befinden uns aktuell eher in einem strukturierten Entscheidungsprozess. Wenn sich bis zum Saisonende keine verbindlichen Änderungen abzeichnen, kann das sicher eine Option sein.“
Zugleich betont er: Die Motivation ist nicht Konfrontation, sondern konstruktive Weiterentwicklung des europäischen Footballs:
„Wir wollen nicht gegen etwas arbeiten, sondern für etwas und das ist die Weiterentwicklung des Footballs in Europa.“
Was will die EFA eigentlich genau?
Die European Franchise Association wurde 2025 von mehreren Topteams gegründet u.a. Frankfurt Galaxy, Rhein Fire, Vienna Vikings, Raiders Tirol, Paris Musketeers, Madrid Bravos, Prague Lions und Panthers Wroclaw. Die EFA versteht sich als Plattform zur gemeinsamen Entscheidungsfindung und will:
- Verbindliche Standards für Spielbetrieb, Stadien, Importregeln und Gameday-Events
- Mitspracherecht bei Regeländerungen, Expansion, Spielplänen und Medienrechten
- Faire Einnahmenverteilung bei TV-Geldern und Sponsorenpools
- Schutz wirtschaftlich gesunder Franchises vor den Folgen schwacher Ligalogistik
Pro und Kontra: Was ein Austritt bedeuten würde und welche Folgen eine neue Liga haben würde
Pro EFA:
- Franchises könnten selbstbestimmt arbeiten und strategisch planen
- Ein einheitlicher Qualitätsstandard wäre umsetzbar
- Wirtschaftlich starke Teams könnten sich gegenseitig stützen
- Fokus auf sportliche Ausgeglichenheit statt Expansion
Kontra EFA:
- Ende der European League of Football
- Verlust der bestehenden ELF-Reichweite (TV, Medien, Fans)
- Notwendiger Neustart bei Vermarktung, Sponsoren und Branding
- Franchises wie Hamburg, Köln oder Berlin könnten verschwinden
- Gefahr von rechtlichen Konflikten (Markenrechte, Vertragspflichten)
Wie geht es jetzt weiter?
Bis zum Ende der ELF-Saison 2025 wird die EFA auf verbindliche Reformschritte drängen. Kommt es zu keiner Einigung, gilt ein Bruch mit der ELF als realistisch. Hinter den Kulissen laufen laut mehreren Quellen bereits Gespräche über alternative Ligenmodelle, TV-Optionen und Sponsorenstrategien. Die ELF muss nun beweisen, dass sie bereit ist, sich zu öffnen und mit ihren stärksten Partnern auf Augenhöhe zu agieren. Ansonsten droht 2026 ein kompletter Neuanfang, ohne das bekannte ELF-Logo.
Fazit
Die Gräben sind tief, die Fronten klar. Was einst als Leuchtturmprojekt des europäischen Footballs galt, steht nun am Scheideweg. Der EFA geht es nicht um Revolution, sondern um Verantwortung. Doch wenn ihre Forderungen ignoriert werden, ist ein Bruch nur eine Frage der Zeit.
Wie sagte Thomas Kösling so treffend?
„Am Anfang ist die Euphorie, man investiert, man ist ein Startup. Aber irgendwann muss man auch das Licht am Ende des Tunnels sehen.“
Die Zeit für Visionen ist vorbei. Jetzt braucht es Struktur.