Foto: Foot Bowl/Just Shots
Die Nachricht traf die europäische Football-Welt ins Mark: Stuttgart Surge, amtierender Champion der European League of Football, hat am 21. November 2025 offiziell Insolvenz angemeldet. Damit steht die Zukunft eines der erfolgreichsten Programme der vergangenen Jahre völlig offen. Was noch im September als Höhepunkt der Franchisegeschichte gefeiert wurde, könnte nur Wochen später das Ende des Franchises bedeuten.

Von der Meisterschaft zum Insolvenzverfahren
Nach Angaben der American Football Club Stuttgart GmbH wurde der Insolvenzantrag notwendig, weil die „gegenwärtigen strukturellen Rahmenbedingungen im europäischen American Football […] eine erfolgreiche Rekapitalisierung erheblich erschwert haben“. Die Liquidität sei nicht mehr gewährleistet, langfristige Planungssicherheit habe gefehlt.
„Wir haben bis zuletzt nach einem Ausweg gesucht – aber es gab keinen. Wir befinden uns in einem Moment der Zahlungsunfähigkeit und sehen derzeit keine Basis für eine gesicherte Zukunft.“
beschreibt Geschäftsführer Suni Musa die Situation drastisch
Nur zweieinhalb Monate zuvor hatte Stuttgart Surge im heimischen Stadion den ELF-Titel 2025 gewonnen. Das 24:17 über die Vienna Vikings markierte den sportlichen Höhepunkt eines Projekts, das 2020 mit großen Ambitionen gestartet war. Doch finanziell geriet das Franchise zunehmend unter Druck, auch aufgrund des unsicheren Umfelds der Liga.
Der Bruch mit der ELF und die Folgen
Die Surge gehörten zu den elf Franchises, die sich im Herbst 2025 gegen die ELF-Führung stellten und aus der Liga austraten. Unter dem Dach der neu gegründeten European Football Alliance (EFA) sollte es 2026 weitergehen, doch eine verbindliche schriftliche Vereinbarung existierte bislang nicht.
Damit fehlte die Grundlage für Verträge mit Sponsoren, Dienstleistern und Personal. Ohne Planbarkeit keine Finanzierungsgrundlage – ohne Finanzierung kein Spielbetrieb.
„Ich kann derzeit niemandem guten Gewissens versprechen, dass sich alles schon irgendwie klären wird. Deshalb haben wir keine andere Wahl, als Insolvenz zu beantragen.“
Geschäftsführer Suni Musa
Pressesprecher Sascha Müller zu Foot Bowl: „Stand heute wird es die Stuttgart Surge nicht mehr geben.“
Gegenüber Foot Bowl äußerte sich Surge-Pressesprecher Sascha Müller offen zur Situation:
„Stand heute wird es die Stuttgart Surge nicht mehr geben.“
Ein Satz, der das Ausmaß der Krise unmissverständlich beschreibt. Im Netz wird wild spekuliert, dass man sich in den vergangenen drei Jahren übernommen hat, nur um den Titel nach Stuttgart zu holen. Zu diesen Vorwürfen, dass man sich den Erfolg erkauft habe, sagt Müller klar:
„Wir haben uns keine Meisterschaft erkauft. Mit Blick auf unser Roster, der drei Jahre lang relativ konstant geblieben ist, erübrigt sich eine solche Behauptung meines Erachtens. Ganz im Gegenteil, wir haben 2025 im Bezug auf den Cap Space mehr als effizient gewirtschaftet. Ein Football-Team hat generell hohe Ausgaben und die Thematik der großen Herausforderung, diese Kosten zu stemmen, ist in Europa allgemein und franchiseübergreifend bekannt. Da sind wir kein Einzelfall. Wir lassen uns daher an der sportlichen Erfolgsgeschichte der Stuttgart Surge durch finanzielle Herausforderungen nichts schmälern. Wir sind amtierender European Champion im American Football einzig und allein durch die herausragenden Leistungen unserer Trainer und unserer Spieler.“
Surge-Pressesprecher Sascha Müller
Jordan Neuman verabschiedet sich – das Ende einer Ära
Am Montag um 17 Uhr veröffentlichte die Surge die nächste Hiobsbotschaft: Head Coach Jordan Neuman verlässt das Franchise. Neuman, seit 2023 hauptverantwortlicher Coach, hatte Stuttgart innerhalb von drei Jahren zu einem Topprogramm geformt: 2023 Vizemeister, 2025 Champion.
In seinem emotionalen Abschiedsstatement schreibt er:
„Ich verabschiede mich mit schwerem Herzen. Was wir geschaffen haben, war etwas Besonderes – nicht nur der Titel, sondern die Kultur, die wir aufgebaut haben.“

Neuman betont vor allem den menschlichen Kern des Erfolgs:
„Die wirklich besondere Leistung war, eine unglaubliche Gruppe von Menschen zusammenzubringen. Dank der Arbeit so vieler gehen wir als Champions davon.“
Sein Abgang verdeutlicht: Die Grundpfeiler des Erfolges brechen auseinander. Spieler, Coaches und Staff dürften in den kommenden Wochen neue Wege suchen.
Ein Scherbenhaufen – und viele offene Fragen
Mit der Insolvenz und dem Abschied des Head Coaches steht nicht nur die Surge, sondern auch der europäische Football vor einer kritischen Phase. Der Rückzug aus der ELF, die finanzielle Unsicherheit und die unklare Zukunft der EFA haben ein Vakuum geschaffen, in dem selbst erfolgreiche Programme wie Stuttgart nicht überleben können.
Finanziell hatte die Surge ähnliche Herausforderungen wie alle anderen Franchises der letzten Jahre – nur mit weniger Zeit, um neue Partner zu sichern.
Was bleibt?
- Ein sportliches Projekt, das europaweit Anerkennung fand.
- Ein Meistertitel, der nun wie ein letzter Glanzmoment wirkt.
- Eine Organisation, die trotz sportlichen Erfolgs an strukturellen Schwächen des europäischen Systems gescheitert ist.
Fans, Spieler und Coaches verlieren mehr als nur ein Team – sie verlieren ein Stück Footballgeschichte.
Wie geht es weiter?
Offiziell bleibt die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung bestehen, ähnlich wie bei Berlin Thunder 2025. Doch realistisch betrachtet steht die Surge vor dem endgültigen Aus. Die Migration großer Teile des Rosters auf den Markt hat bereits begonnen. Die Ligastrukturen sehen sich kritischen Fragen gegenüber.
Für den Moment gilt jedoch:
Stuttgart Surge, der European Champion 2025, steht am Ende seines Weges.






