Jonny
Es ist Samstag und ich steige um 6:00 Uhr in den Fanbus um ins über 300 Kilometer entfernte München zu fahren. Die Munich Ravens haben noch Saisonpause, weshalb an diesem Tag kein American Football auf dem Plan stehen wird. Mein Ziel des Tages ist die Allianz Arena, zu der mir der Zugang zum ersten Spiel der NFL 2022 mangels Tickets leider verwehrt geblieben ist. Stattdessen wird dort heute Fußball gespielt: 27. Spieltag der ersten Fußball-Bundesliga. Es handelt sich dabei aber nicht nur um irgendein Spiel sondern um einen Klassiker, der als „Duell der Formstarken“ angekündigt wurde. Im Bus sind sich alle sicher: „Das wird ein Kracher!“ Borussia Dortmund wird beim FC Bayern München auflaufen.
Ankunft in München
Als wir in München ankommen herrscht bestes Wetter mit viel Sonne und für Nachmittags sind über 20 Grad Celsius angekündigt. Unsere Laune ist prächtig und wir setzen uns per ÖPNV mit dem Ziel „Innenstadt“ in Bewegung. Trotz der für ein Abendspiel noch frühen Uhrzeit sind schon sehr viele Menschen unterwegs und man sieht an den populären Plätzen Münchens einige Fußball-Fans in ihren Jerseys. Im Vergleich zu einem American Football-Spiel der NFL oder einem Championship Game der European League of Football, kommt es mir vor, als wären insgesamt deutlich weniger Trikots zu sehen. Allerdings ist München an diesem sonnigen Osterwochenende eben einfach auch richtig voll und vielleicht hat man bei einem Football-Spiel auch einen anderen Fokus. Egal, die bayerische Hauptstadt ist stets eine Reise wert, jedenfalls wenn man gerne durch verschiedene Brauhäuser zieht um dort ein wichtiges Grundnahrungsmittel zu verkosten. So vergeht die Zeit wie im Flug.
Es geht ins Stadion
Schon ist es fast Abend und wir machen uns wieder in Richtung Allianz Arena auf, um dort den Top-Fußball-Spielern bei ihrem Duell zuzusehen. Vor dem Stadion gibt es einige Stände mit Getränken und sonstigen Dingen. Allerdings ohne Bühne oder Spielerinterviews wie zum Beispiel bei Frankfurt Galaxy. Der Zutritt zur Arena gestaltet sich ähnlich entspannt, wie bei einem Football-Spiel, allerdings dürfen wir so gut wie nichts mit ins Stadion bringen. Wir haben ganz passable Sitzplätze mit guter Sicht auf das Spielfeld oberhalb der Südkurve. Dort sind die eingefleischten Bayern-Fans schon richtig in Stimmung und singen ihre Lieder. Wie beim Fußball üblich, teilweise auch mit nicht nur netten Inhalten in Richtung der Dortmund-Fans. Auch einige kurze Pfiffe in Richtung der Spieler aus Dortmund ertönen, als sich diese kurzzeitig auf dem Spielfeld zeigen, bevor dann alle Spieler offiziell aus der Kabine kommen. Bei Spielen der European League of Football würde es jetzt aus dem Spielertunnel rauchen oder sogar etwas Pyrotechnik geben. Beim Rekordmeister läuft der Einlauf der Spieler und deren Vorstellung dagegen fast schon unspektakulär ab.
Die Bude ist mit 75.000 Zuschauenden ausverkauft, alle Plätze sind besetzt. Um 18:30 Uhr wird das Spiel angepfiffen und meine Erwartungen an diese Partie sind riesig. Schließlich betrug der Kaderwert des FC Bayern München laut Statista im Januar 2024 über 900 Millionen Euro. Kein Wunder, befinden sich doch Top-Spieler wie Jamal Musiala, Harry Kane und Leroy Sané in deren Reihen. Dortmund bringt es immerhin auch auf einen Kaderwert von über 400 Millionen mit Spielern wie Julian Brandt. Sicher kein Vergleich mit den Kaderwerten der European League of Football. Übrigens wurde der Salary Cap in der National Football League in 2024 auf rund 255 Millionen US-Dollar pro Team festgelegt.
In den letzten zehn Jahren blieben die Bayern zu Hause gegen Borussia Dortmund ungeschlagen. Im Bus war ich mir deshalb sicher, dass dieses Spiel spektakulär werden wird. Schon in Minute 10 fällt das erste Tor- allerdings für Dortmund durch Karim Adeyemi. Das wird spannend, bin ich mir weiterhin sicher. Die weitere erste Halbzeit ist allerdings überhaupt nicht spannend, jedenfalls aus Sicht der Bayern. Diese wirken an diesem Tag etwas energiearm und mit fehlendem Kampfgeist ausgestattet. Die Dortmunder treten mit deutlich mehr Siegeswillen auf, erscheinen aber dennoch nicht unschlagbar. Schaue ich da wirklich zwei Teams aus den Top Five der ersten Bundesliga zu? Ich kann es nicht wirklich fassen. Gleichzeitig bin ich mir sicher, das gäbe es bei der European League of Football so nicht, jedenfalls nicht bei einer Begegnung von zwei Teams aus der obersten Tabellenebene.
Halbzeitpause
In der Halbzeitpause hole ich mir ein „Frust-Bier“ und eine „Stadion-Wurst“. Tatsächlich ist der Getränkepreis im Stadion günstiger als in der Münchner Innenstadt. Vorsichtshalber nehme ich mir gleich zwei Biere mit, wer weiß, was mich in der zweiten Hälfte noch erwarten wird?! Am anderen Getränkestand bekomme ich eine Szene mit, in dem ein älterer BVB-Fan von ziemlich jungen Bayern-Fans aus der Schlange vertrieben wird. Nach Rufen wie „Hau ab!“ oder „Was hast Du hier zu suchen?!“ ergreift dieser schließlich die Flucht in Richtung Gäste-Fanblock. So etwas habe ich beim American Football bisher glücklicherweise noch nicht erlebt. Zurück auf meinem Sitzplatz geht das Spiel aus Münchner Sicht ziemlich lahm weiter und gipfelt in einem weiteren Tor für Dortmund durch Julian Ryerson in der 83.Minute! Zwar gelingt Harry Kane sechs Minuten später zumindest auch ein Tor für Bayern, dieses wird aber durch Videobeweis annulliert. Einige Bayern-Fans haben dies aber schon gar nicht mehr mitbekommen, weil sie das Stadion bereits verlassen haben und sich auf dem Heimweg befinden. In der Nachspielzeit kommt es zu keiner spektakulären Aufholjagd seitens des ziemlich unkoordiniert auftretenden amtierenden Meisters. Schlusspfiff! Zum ersten Mal seit dem 12. April 2014 gewinnt Dortmund ein Bundesliga-Spiel in der Allianz-Arena. Ausgerechnet bei diesem Spiel bin ich im Stadion!
Ziemlich enttäuscht verlasse auch ich das Stadion und begebe mich in den Bus zur pünktlichen Abfahrt in Richtung Heimat. Die Stimmung auf der Heimfahrt ist erwartungsgemäß auf dem Tiefpunkt. Ich selbst frage mich, warum so viele Fußball-Fans eigentlich regelmäßig zu Top-Teams ins Stadion gehen, dafür teilweise teure Tickets kaufen, zusätzlich einiges an Geld für den Verzehr im Stadion lassen um dann so ein schwaches Spiel serviert zu bekommen? Von Bayern gab es insgesamt 17 Torschüsse, davon 3 auf das Tor. Dortmund brachte es auf 11 Torschüsse, davon 5 auf das Tor. Der Ballbesitz vom Sieger betrug 39 %, der Verlierer hatte 61%. Zusätzlich hatte Bayern 7 Ecken (Werte von Kicker.de). Wie konnte da am Ende so ein Ergebnis rauskommen?! Das konnten sich die Spieler vom FC Bayern München in den anschließenden Interviews auch nicht so richtig erklären.
Fazit
Vielleicht hatte ich auch einfach Pech mit dieser Partie. Auf jeden Fall war dieser Fußball-Spieltag für mich persönlich eine Bestätigung, dass ich bei einem einfachen Spiel der European League of Football in Frankfurt oder Stuttgart mehr Entertainment, mehr Spannung und damit ein besseres Preis-Leistungsverhältnis geboten bekomme als beim bayerischen Fußball-Rekordmeister in seiner prunkvollen Arena. Egal wie gut oder schlecht ein Team in der ELF aktuell ist, wenn die Spieler auf das Spielfeld kommen, möchten sie dieses Spiel gewinnen! Genau das konnte ich beim FC Bayern München letzten Samstag so irgendwie nicht sehen.
3. April 2024