Skip to main content

Lina Bollig

Ex-NFL Runningback Sandro Platzgummer schockierte mit seinem Wechsel von den Raiders Tirol zu den Frankfurt Galaxy die European-Leage-of-Football-Welt (Hier zum Nachlesen). Als Grund hieß es, dass sich Platzgummer verstärkt seiner Ausbildung widmen will und sich mit einem Praktikum in Frankfurt auf seine berufliche Zukunft als Arzt vorbereitet. Denn sein Studium hat er im Prinzip schon abgeschlossen, ihm fehlt nur noch das praktische Arbeiten auf den Kliniken. Im Interview mit Foot Bowl erklärt der 27-jährige Athlet, warum der berufliche Werdegang doch so wichtig ist.

Platzgummer wird sich in der kommenden Saison das lila Jersey der Galaxy anziehen. Grafik: ELF Paint – Foto: Justs Shots

Zunächst einmal Sandro: Du postest in letzter Zeit wieder vermehrt von deinen Workouts. Wie verläuft die Reha?

Gut – ich meine, Rehas verlaufen nie gut, aber ich bin zufrieden, wo ich momentan stehe. Am Anfang habe ich gedacht, ich schaue mal, wie es läuft. Vielleicht schaffe ich es in sechs Monaten Rekordzeit, wie es fast nie funktioniert. Vielleicht hätte ich noch einmal nach Amerika gehen können, aber ich habe gesagt nein, das geht sich nicht aus. Das habe ich dann im Dezember schon gemerkt. Mein nächstes Ziel war es also, damit ich überhaupt spielen kann im Sommer, dass es zehn bis zwölf Monate sein müssen, wie bei den meisten Spielern. Ich glaube, ich bin so ungefähr in der Timeline, dass sich das ausgeht.

Was genau meinst du mit „nochmal nach Amerika gehen“? Ist die NFL immer noch ein Thema?

Ja, die UFL wäre ein Thema gewesen. Da habe ich Angebote bekommen. Die NFL kann so oder so auch noch theoretisch ein Thema werden. Das ist jetzt, aufgrund der Knieverletzung, aber auch fraglich. Dafür müsste ich zuerst einmal wieder gut spielen.

Zu deiner Entscheidung, die Raiders zu verlassen: Wie lange stand dein Beschluss fest, ein Auslandspraktikum zu machen und bei einem neuen Verein anzuheuern, bevor du das Franchise informiert hattest?

Gewusst habe ich es die ganze Zeit. Im Gespräch seit frühem Herbst, seit Teilen in der Reha, als ich wieder ein bisschen beweglich war – mehr oder weniger.

Ich habe eigentlich nie bei einem neuen Verein angeheuert. Ich habe immer schon gewusst, dass die Angebote, die ich letztes Jahr gehabt habe, immer noch stehen. Vergangenes Jahr war die Situation so, dass ich eigentlich fertig studieren wollte. Ich habe gesagt, wenn ich schon in Europa bleibe, dann möchte ich fertig studieren. Da ist es mir zu aufwendig, da herumzufliegen. Außerdem hatte ich natürlich mehr Vertrauen in die Raiders, als in andere Teams. Deshalb hatte ich entschieden, dass ich dableibe.

War der berufliche Werdegang der einzige Grund für deinen Wechsel nach Frankfurt, oder stecken auch sportliche Intentionen dahinter?

Ja, nein. Also jetzt nicht sportlich. Wenn man so eine Verletzung durchmacht und auch in einer Situation ist, wo man medizinisch woanders sein möchte, muss man die Entscheidung treffen. Möchte ich jetzt sportlich da bleiben, wo ich bis jetzt war, oder möchte ich sportlich und medizinisch woanders hin? Und es ist meistens eine Kombination von Faktoren, würde ich sagen.

Also ich werde sicher nicht eine Entscheidung wegen nur einer Sache treffen. Nur, weil ich da mehr Geld bekomme oder sonst irgendwas – es gibt immer mehrere Faktoren, die da hineinspielen. Und natürlich kenne ich oben auch viele Leute. Ich kenne in Frankfurt viel mehr Coaches und auch einige Spieler. Bei den Raiders findet ja jetzt auch wieder ein bisschen ein Umbruch statt, da ist ja alles neu. Also von dem her habe ich mich einfach in der Situation wohlgefühlt. Ich habe mir gedacht, wenn ich jetzt schon die ganze Reha mache, dann muss ich mich auch irgendwie absichern. Ich muss medizinisch zumindest irgendwie weiterkommen, falls es mit der Reha nicht so gut hinhaut. Von dem her ist mir dann schon wichtig zu wissen, dass ich medizinisch das mache, was ich möchte und wo ich auch am besten weiterkomme. Das war natürlich schon ein Riesenfaktor.

Warum überhaupt ein Auslandspraktikum? In der Medizin ist es ja nicht verpflichtend, ein Praktikum im Ausland zu absolvieren.

Das stimmt. Arzt zu werden ist aber im Prinzip jetzt ähnlich wie Footballer zu werden. Man kann nicht davon ausgehen, dass dort, wo man sich befindet, immer das Beste ist – auch wenn das oft zufallsmäßig so sein kann. Die Medizin in Österreich und in Innsbruck ist sicher gut, aber Erfahrung außerhalb zu sammeln ist immer sehr wertvoll. Das habe ich im Football gesehen und das sehe ich auch in der Medizin so. Ich kenne sehr viele gute Ärzte, die Erfahrungen von außen mitgenommen haben und auch nicht so weit gekommen wären, hätten sie es nicht so gemacht. Ich habe während dem Studium eigentlich nie so ein Auslandsjahr oder Auslandssemester gehabt. Denn immer, wenn ich in Europa war, habe ich halt in Innsbruck studiert und da auch gespielt. Man muss auch sagen, bis 2019 waren wir wahrscheinlich das Nonplusultra in Europa – von dem her hat es für mich nicht wirklich einen Grund gegeben, fortzugehen. Deshalb bin ich auch medizinisch immer dageblieben. Aber ich glaube jetzt ist der Punkt, wo ich einfach außerhalb ein bisschen Erfahrung sammeln muss.

War das Vorhandensein eines ELF-Franchises Voraussetzung dafür, dass du das Praktikum an jenen Ort machst?

Es war, wie gesagt, eine Kombination von Faktoren. Letztendlich will ich auf dem besten Level spielen, das möglich ist. In meinen Augen wäre unterhalb der NFL die UFL gewesen – und dann sehe ich eigentlich alles relativ ebenbürtig an. Ob jetzt in Japan, oder in Kanada, oder eben in Europa. Da muss es, wenn in Europa, schon das höchste Niveau sein. Es hat schon mehrere Teams gegeben. Es hat mehrere Kliniken gegeben, an denen ich hätte arbeiten können. Aber ich glaube, die Kombination aus Frankfurt, den Leuten, die ich dort kenne, das Wissen, dass es ein gutes Krankenhaus ist… ich meine, es gibt jetzt zwar keine Direktflüge mehr von Innsbruck, es ist aber grundsätzlich nicht so weit weg. Es ist deutschsprachig und es ist die beste Division in Europa. Ich habe meinen besten Football immer schon gegen die besten Teams gespielt. Das spielt dann auch eine Rolle. Sowohl footballmäßig, als auch medizinisch kommt eine Kombination von Faktoren zusammen – das ist das, was i machen möchte.

Haben sich Sean Shelton und Kyle Callahan (ehemalige Teamkollegen) dann auch bei dir mit „he, studier doch in München, spiel bei uns“ gemeldet?

Jaja, vergangenes Jahr hatte er (Sean Shelton) sich schon einmal gemeldet. Er hat gesagt he, falls ich mal nicht mehr da spiele, dann soll ich anrufen. Ich habe mich zwar gemeldet, aber in München gab es keine Klinik, wo ich hätte arbeiten können. Und was ich auch sagen muss: Es wäre dieselbe Division wie zuvor und ich würde auch gegen die Raiders spielen. Das war auch so ein Faktor, wo ich mich dann doch nicht so wohlgefühlt habe… auch, wenn die Klinik in München ebenbürtig gewesen wäre. Von dem her glaube ich, dass das jetzt einfach die beste Situation ist. Falls es in den Playoffs so weit sein sollte, dass wir aufeinandertreffen, dann passiert das erst sehr spät in der Saison. Da bin ich dann so tief im Team integriert, dass es dann passen wird, und das wird sich dann auch zeigen.

Was ist dein persönliches Ziel für die kommende Spielzeit? Rechnet man es hoch, hast du die vergangenen vier Jahre ja keine richtige Saison mehr gehabt.

Ja, das auf jeden Fall. Das war damals auch das Ziel, als ich wieder zurückgekehrt bin. Ich habe gesagt, ich möchte mal eine ganze, volle Season haben. Aber ja, seit 2019 habe ich eigentlich keine ganze Season mehr gespielt und habe immer so ein bisschen kämpfen müssen für die paar Plays, die ich bekommen habe – bei den Giants natürlich drei Jahre lang. Und jetzt letztes Jahr habe ich eigentlich nicht wirklich mehr gespielt muss man sagen – eigentlich fast weniger.

Mein Ziel ist es hauptsächlich zu zeigen, dass ich von der Verletzung, wie ich sie jetzt gehabt habe, zurückkommen kann. Ich will beweisen, dass ich nochmal auf einem ähnlichen Level spielen kann wie zuvor – oder sogar besser, who knows.

Also mein Hauptziel wird sein, einfach zu zeigen, dass das geht. Und mein Nebenziel wird dann sein, so gut wie möglich im Zuge dessen zu spielen und mit dem Team so weit zu kommen, wie es geht.

Ende des Interviews

Auch wenn in Europa die Sportart American Football nun immer professioneller betrieben wird, verdienen die Top-Athleten hierzulande keine Millionen an Euros. Nicht so wie in Übersee. Das ist auch Platzgummer bewusst. Mit seinem Wechsel nach Frankfurt zeigt er, dass man sich trotz der Liebe zum Sport für das restliche Leben absichern muss.

Das könnte dich auch interessieren:

Leave a Reply