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Svenja Sabatini

Interview mit Linebacker Tom Stickel. Der gebürtige Marbacher spielt seit 2021 für die Stuttgart Surge. Stickel ist eines der Talente aus der Region, die Martin Hanselmann zu Leistungsträgern entwickeln will. In der Premierensaison zeigte er trotz Verletzungspausen bereits gute Ansätze.


Hallo Tom, stell dich doch bitte vor.

Hi, mein Name ist Tom Stickel, ich bin 21 Jahre alt und spiele seit 2016 Football. Angefangen habe ich damals bei den Ludwigsburg Bulldogs und bin dann 2019 in die U19 zu den Stuttgart Scorpions gewechselt. Mein erstes Herrenjahr im Jahr 2021 hatte ich direkt bei Stuttgart Surge.

Hast du neben dem Football auch noch Zeit für Hobbys?

Neben dem Football noch Hobbys zu haben, ist schwer. Ich zeichne gerne und ich interessiere mich für Architektur. Mich interessiert bei der Architektur einfach sehr, wie Gebäude gebaut sind. In der Football Offseason spiele ich noch Vereins-Handball in der Herren-Mannschaft meines Vaters. Generell interessiert mich jede Art von Sport. Doch das alles ist natürlich durch den Football zeitlich begrenzt.

Wie bist du zum Football gekommen?

Ich bin durch einen Kumpel zum Football gekommen. Damals wusste ich nicht, dass Football in dieser Größenordnung in Deutschland existiert. Klar, dachte ich mir, dass es die ein oder andere Mannschaft geben muss. Doch, dass es da gleich so einen großen Ligabetrieb gibt, war mir neu. Mein Kumpel wollte unbedingt mit dem Football anfangen, hat sich aber nicht alleine zum Training getraut. Also habe ich ihn begleitet. Zu dieser Zeit habe ich keine Sportart ausgeübt. Er hat dann nach knapp drei Monaten wieder aufgehört zu spielen, aber ich bin dem Sport treu geblieben. Mein Kumpel hat sich dann den MMA zugewandt und ist jetzt griechischer Meister. Er ist also auch ziemlich erfolgreich geworden. Mein Weg war dann der Football und so ist es bis heute geblieben.

Warst du schon immer Linebacker?

Nein, in der ersten Saison wird man natürlich erst mal etwas auf den Positionen herum geschoben. Im Normalfall kommt man ja nicht mit dem Gedanken an eine bestimme Position ins Training. In den meisten Fällen werden die Positionen dann von den Coaches zugewiesen. Durch meine Größe war meine erste Position Tight End. Da ich mich als Blocker dann recht gut machte, wurde ich in meiner ersten Saison als O-Liner eingesetzt. Ich musste aber schnell zugeben, das mir das Spielen in der O-Line keinen Spaß gemacht hat. Nach einiger Zeit war mir klar, dass ich gerne in die Defensive wechseln möchte. So kam es dann auch, dass die Coaches mich als Linebacker zugewiesen haben und tatsächlich habe ich mich auf dieser Position sofort wohl gefühlt. Das erste Jahr war noch relativ heftig. Man weiß zu Anfang natürlich nicht, wie man den Kontakt zum Gegner suchen muss. So kam es, dass ich anfangs ziemlich einstecken musste. Durch Workouts zu Hause und das Besuchen des Gyms habe ich dann auch begonnen, meinen Körper zu formen. Wegen meiner Mentalität konnte ich dann schnell zum Positions- bzw. Team-Captain aufsteigen. 2018 hatte mein Coach mich dann zur Jugendauswahl geschickt, bei der ich dann auch bis zum letzten Camp kam. Wegen Kleinigkeiten, die mir leider nie beigebracht wurden, hat es mich dann doch erwischt und ich wurde heraus gekickt. In den unteren Ligen ist es leider oft so, dass es zu wenige Coaches gibt und kleine Details oftmals auf der Strecke bleiben. Natürlich hat es mich sehr gewurmt, nicht in die Jugendauswahl berufen worden zu sein. Wenn ich etwas mache, dann möchte ich auch gut darin sein. Zusätzlich tat es mir auch für mein Team leid. Als Team-Captain habe ich eine Verantwortung gespürt, welche ich dann nicht umsetzen konnte. Zu dieser Zeit hatte ich schon gute Kontakte zu den Scorpions aufgebaut. Ein Grund, warum ich dann von den Bulldogs zu den Scorpions gewechselt bin.

Beschreibe mal, auf was man als Linebacker alles achten musst.

Wenn man die Linebacker-Position Plump beschreiben müsste, dann wäre das so: Wir stoppen den Runningback und schließen die kurzen Passzonen. Wir unterstützen auch mit Blitzes und setzen den Quarterback mit Pass-Rushes unter Druck. Das hört sich jetzt vielleicht einfach an, ist aber natürlich wesentlich komplizierter. Es ist so, dass wir alles wissen und sehen müssen. Wir sind die Captains der Defensive. Wir müssen wissen, was vor uns in der D-Line abgeht und wie die Aufstellung der Gegner aussieht. Dem entsprechend, welche Formation der Gegner einnimmt, setzen wir die D-Line. Dann stopfen wir die Löcher, welche von unserer D-Line nicht gestopft werden können. Zeitgleich müssen wir Linebacker uns natürlich selbst koordinieren.

Wie kam es, dass du 2021 zu den Stuttgart Surge gewechselt bist?

Im Jahr 2020, also meinem Senior-Year, wäre ich eigentlich für die Stuttgart Scorpions aufgelaufen und ich muss sagen, wir hätten ein sehr gutes Team für diese Saison gestellt. Wir hatten zum Beispiel Louis Geyer und Marcel Dabo, welche beide Rookie of the Year in der ELF wurden. Auch Ben Wenzler, der noch immer mit mir bei den Surge ist. Ich trauere dieser Saison wirklich etwas nach, da sie wegen Corona nicht stattfinden konnte. Letztendlich bin ich dann schon im Sommer 2020 zu den Herren der Scorpions aufgestiegen, da ich trotzdem die Trainings-Competition des Teams mitnehmen wollte. Ich hatte ohnehin schon gute Verbindungen zu den Coaches, weil ich früher schon häufiger mit der Herrenmannschaft mit trainieren durfte. Ich hatte schon viel mit Andy Meyer, unserem jetzigen Defensive Coordinator, und mit Mike Zeyda, unserem Linebacker Coach, zu tun. Auch Martin Hanselmann konnte ich damals schon kennenlernen. Ursprünglich sollte es ja so sein, dass die Scorpions das ELF-Team stellen sollten. Doch dies wurde in der Mitgliederversammlung dann gekippt und so wurden die Stuttgart Surge gegründet. Die Surge haben dann auf der vollen Bandbreite nach Spielern gesucht und so konnten sie auch sehr gute Spieler aus unteren Ligen rekrutieren, zum Beispiel Paul Steigerwald. Da es der Surge zusätzlich auch sehr wichtig ist, Homegrown Player aufzubauen und die Coaches das Potenzial in mir sahen, wurde ich gefragt, ob ich mitmachen wollte. Martin Hanselmann hat sich auch ganz groß auf die Kappe geschrieben, Homegrown Spieler zu fördern. Er will gerade uns jungen Spielern die Chance geben, auf diesem Level zu spielen, uns zu entwickeln und vielleicht, wie Marcel, in die NFL zu kommen. Das ist ein absolut geiles Konzept und ich finde es cool, dass es bei uns so gut umgesetzt wird.

Wie war im letzten Jahr dein erstes Spiel in der ELF für dich?

Das Heimstadion war gigantisch und es war immer eine geile Stimmung. Im Gazi-Stadion war es immer laut, egal wie viele Zuschauer. Meiner Meinung nach haben wir generell die geilsten Fans der Liga. Die Emotionen, die an den Tag gelegt wurden, waren extrem und das hat man dann auch an der Lautstärke gemerkt. Natürlich war es auch toll, dass ich mich vor meiner Familie und Freunden auf einer so großen Bühne präsentieren konnte. Tatsächlich war ich nicht nervös am ersten Spieltag. Später in der Saison, als wir Köln zu Gast hatten, sind drei kleine Jungs zu mir gekommen. Sie wollten ein Bild mit mir machen, obwohl wir verloren hatten. Den Jungs hatte die Niederlage gar nicht gestört, sie waren nur Happy darüber, dass ich mit ihnen Abgeklatscht und wir kurz ein Gespräch geführt haben. Ich habe diese Jungs glücklich gemacht. Das war mein Highlight der letzten Saison.

Wie sieht dein Tagesablauf an einem Gameday aus?

Bei Auswärtsspielen und bei Heimspielen ist das natürlich etwas unterschiedlich. Bei Auswärtsspielen treffen wir uns als Team zum Frühstück zusammen. Das Frühstück ist an einem Gameday die wichtigste Mahlzeit des Tages, denn man hat nicht viele Möglichkeiten zu essen. Falls man doch auf die Idee kommen sollte vor dem Spiel noch etwas zu essen, dann tschüss Magen. Mir tut jeder leid, der das schon einmal probiert hat. Nach dem Essen hat man dann noch Meetings, in denen alles für den Spieltag durchgegangen wird. Wenn wir Heimspiele haben, geht das alles etwas später los. Wir müssen dann erst um 10 Uhr am Stadion sein. Ich spreche vor dem Spiel noch mit meiner Familie. Danach gehe ich nochmal alles Wichtige durch. Dann geht es ins Stadion und es wird sich umgezogen. Im Stadion selbst haben wir dann Zeit uns warm zu machen. In dieser Zeit fokussierst du dich oder besuchst den Physiotherapeuten. Dann hast du nochmal Zeit für dich. Nach dem persönlichen Warm-Up trifft man sich wieder als Team und es folgt ein Team Warm-Up. Nach dem Team Warm-Up folgt eine Ansprache des Coaches und es geht wieder zurück in die Umkleide. Dort gibt es dann noch eine Ansprache, welche uns auf das Spiel vorbereitet. Bevor wir uns dann zum Huddle treffen, wird noch ein Gebet gesprochen, dann geht es los in Richtung Spielfeld. Wenn man im Tunnel vor dem Spielfeld ankommt, hört man schon die jubelnde Zuschauermenge und das ist gleich elektrisierend. Zusätzlich hat man am ganzen Körper Gänsehaut, dieses Gefühl ist kaum zu beschreiben. Du weißt, dass du genau dafür trainiert hast. Du kommst ins Stadion und die Menge grölt. Außer in Barcelona, da wirst du ausgebuht, aber es war trotzdem geil. Mich persönlich spornt das ja noch zusätzlich an, wenn die Gegner uns ausbuhen. Steht man dann auf dem Feld, vergisst man alles um sich herum. Manchmal hast du kurz Zeit dich im Stadion umzuschauen. Ich war sehr beeindruckt, wie viele Leute da waren und wie die Stimmung war. Während des Spiels muss man dann schreien, damit die Calls auch ankommen. Manchmal hört man sich auch überhaupt nicht. So läuft der Spieltag ab.

Die ersten vier Spiele der Saison 2022 sind vorbei und ihr steht jetzt mit 0:4 auf dem letzten Platz der Central Conference. Was ist bisher alles schief gelaufen und gab es auch positives, was ihr aus den Niederlagen ziehen konntet?

Es ist eine Menge schief gelaufen. Da kommen leider viele Dinge zusammen und die Summe aller Dinge ergeben nun das 0:4. Darunter zählen individuelle Fehler, die die Drives zerstören, aber auch unglückliches Play Calling, um es vorsichtig zu formulieren. Etwas Positives in dieser Situation zu finden, ist schwer. Für mich im zweiten Jahr bei Surge war das nun die 11te Niederlage in Folge. Das zermürbt auf Dauer. Aber, da kann ich eine positive Bilanz ziehen, das Team steht zusammen. Wir halten an uns fest, wir wissen, was wir können, was jeder einzelne leisten kann, welches Potential darin steckt und wir werden weiter kämpfen. Spiel für Spiel, 60 Minuten 100%. Wir geben so viel, es wird uns und den Fans noch zurück gegeben!

Im nächsten Spiel trefft ihr auf die Leipzig Kings, die am letzten Wochenende ihren ersten Sieg eingefahren haben. Wie bereitet ihr euch auf die Kings vor und was ist der Schlüssel zum Sieg?

Wir bereiten uns intensiv mit der Videoanalyse der letzten Spiele vor, installieren neue Dinge, die Leipzig so noch nicht gesehen hat. Versuchen, ihre Schwächen zu treffen und hart zuzuschlagen. Wir wissen, was kommt. Leipzig hat eine starke Defense. In Folge dessen muss und wird unsere Defense besser sein. Ohne mich da groß aus dem Fenster legen zu wollen, hat das die Surge-Defense immer wieder bewiesen. In unserer Offense gab es personelle Veränderungen, da muss man abwarten, wie sich das entwickelt, aber ich bin guter Dinge. Gerade unsere Waffen, wie zum Beispiel Moritz Riedinger, werden den Unterschied machen.

Immer weniger Fans kommen zu euren Heimspielen. Hast du eine Nachricht an sie?

Ich bitte alle Surge-Fans zu kommen. Es ist uns jedes mal eine unglaubliche Freude, euch zu sehen und jeder von uns wünscht sich, euch eure Treue zurück zu zahlen. Es gibt leider Dinge, die wir Spieler nicht kontrollieren können. Es bricht uns das Herz, jedes einzelne Mal, aber wir stehen immer wieder auf für euch, versprochen!

Vielen Dank!

Quick Questions

Zusätzlich zu unseren Interview stellten wir Tom noch Quick Questions.

Svenja Sabatini

Lieblingsfilm?

Top Gun 2

Lieblings Sportart neben Football?

Basketball und Handball

Welche Musik hörst du vor jedem Spiel in der Kabiene?

Musik die eigentlich erst nach einem Sieg gespielt wird. Aber ich glaube an unser Ziel und gehe mit dieser Einstellung in jedes Spiel. Das bin ich so vielen da draußen schuldig.

Bester ELF Spieler, gegen den du gespielt hast?

Joc Crawford und Zach Edwards. Beides gute Athleten.

Bestes Stadion, in dem du je gespielt hast?

Die Generali-Arena in Wien
Kleiner side fact, Leipzig wars nicht.

Lieblings NFL Franchise?

Tampa Bay Buccaneers, schon vor Brady angemerkt!

Lieblings NFL Spieler?

Ich bin Fan unserer deutschen Vertreter.

Auf welchen Gegner freust du dich am meisten?

Barcelona Dragons

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