𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Hallo Noah, stell dich bitte einmal vor.
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Mein Name ist Noah Aarass, ich bin 24 Jahre alt und ich spiele bei den Cologne Centurions auf der Position des Wide Receivers. Meine Rückennummer ist die 11. Nebenbei studiere ich noch BWL.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Wie bist du zum Football gekommen?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Ich bin damals durch meinen Freundeskreis zum Football gekommen. Zwei von ihnen spielen auch bei den Centurions. Einer von ihnen ist unser Quarterback, Jan Weinreich, der andere Ramin Akhlaghi, der ebenfalls Wide Receiver spielt. Zusammen mit anderen Freunden trafen wir uns eines Sommers auf einer Wiese, um den Football hin und her zu werfen. Ich war damals 18, als sie mich dann zum Training der Cologne Crocodiles einluden. Da ich damals schon so groß war wie heute, hat das sehr gut ins Mannschaftsbild gepasst. So wurde ich Ende 2015 Teil der Crocodiles.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Wie bist du zu deiner Position als Wide Receiver gekommen?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Ich wurde von David Drane, welcher damals Headcoach der U19 Mannschaft der Crocodiles war, gefragt, ob ich eher in der Offensive oder Defensive spielen möchte. Da ich, wie gesagt, ziemlich groß war, konnte ich mir aussuchen, ob ich zu den Wide Receivern oder zu den Linebackern gehören möchte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich aber noch nicht so viel über den Football, so habe ich mich einfach meinem Kollegen Ramin angeschlossen und wurde Receiver.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Gib uns doch mal einen kurzen Überblick, welche Aufgaben ein Wide Receiver hat.
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Wie der Name Receiver schon sagt, bin ich dafür zuständig, den Ball in Empfang zu nehmen, also zu fangen. Dafür muss ich mich über die verschiedenen Routen, die es über das Feld gibt, freilaufen. Welche Routen das sind, wird am Anfang eines jeden Spielzuges im Huddle festgelegt. Vor dem Spielzug muss ich mir dann überlegen, wie ich diese Routen gegen meine Verteidiger laufen möchte. Eine andere wichtige Aufgabe ist noch das Blocken, für beispielsweise den Runningback, so dass dieser seine Route ohne einen Verteidiger im Weg laufen kann.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Was ist für dich das Faszinierende am Football?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Was mich gleich am Anfang meiner Karriere fasziniert hat, ist, dass das Alter eine Nebenrolle spielt, um mit diesem Sport zu beginnen, wenn du eine gewisse Körperbeherrschung und Athletik mitbringst. Eigentlich wollte ich früher Basketball spielen, doch wenn du mit 18 noch kein Team gefunden hast, wird das nichts mehr. Außerdem ist Football ein Spiel für alle Körpertypen, so dass viele verschiedene Menschen, das selbe Interesse teilen können. Es spielen O-Liner, die 120 bis 140 kg wiegen, zusammen mit Runningbacks, die nur 1,70 m groß sind und 85 kg wiegen in einem Team und jeder ist wichtig. Du lernst unglaublich viele Leute kenne und sie werden dann Teil deiner Familie.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Gibt es denn auch etwas, was du nicht magst?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Das Auswendiglernen der Regeln fasziniert mich zum Beispiel nicht (lacht). Zum anderen definitiv die Verletzungen. Im Gegensatz zu anderen Sportarten ist das Verletzungsrisiko doch relativ hoch. Jede Versicherung hat, glaube ich, Angst vor Leuten, die Football spielen. Leider bin ich selbst oft von Verletzungen geplagt, weswegen meine Mama auch nicht begeistert davon ist, dass ich Football spiele. Außerdem noch das Auswendiglernen der vielen Spielzüge. Das neben der Schule, bei der ich ja auch viel auswendig lernen muss. (lacht)
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Was waren deine Gedanken, als du das erste mal von der ELF gehört hast?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Tatsächlich habe ich erst sehr spät von der ELF erfahren, da ich die letzten beiden Jahre nicht viel mit Football am Hut hatte. Das erste mal habe ich davon mitbekommen, als Frederick Weinreich (Anmerkung: O-Liner der Centurions) und Ramin darüber gesprochen haben. Das hat mich dann schon interessiert und ich habe meine Lauscher aufgemacht und mich weiter umgehört. Ich erfuhr, dass es eine neue europäische Liga geben wird, die dann professionell aufgezogen wird. Ich hab mich dann in die ganze Geschichte eingelesen, kurz darauf kam unser General Manager David Drane auf mich zu und hat mich angefragt.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Was war es für ein Gefühl zu wissen, dass du jetzt in Europa im TV zu sehen bist?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Coole Frage. Zuerst, als wir im März/April mit dem Trainieren angefangen haben, war mir das gar nicht richtig bewusst. Es wurde uns zwar gesagt, dass Kameras vor Ort sein werden, aber für mich hat das zuerst keine große Rolle gespielt. Als dann gesagt wurde, dass wir auf TV-Sendern zu sehen sind, wurde mir klar, dass das etwas Großes wird. Es wurde mir aber erst nach dem ersten Spiel so richtig klar. Erste Highlights auf Youtube mit sehr gutem Schnitt, Wiederholungen, Slow Motion und vor allem viele Kamerabilder -da hat es bei mir erst richtig Klick gemacht. Ich habe mich gleich mehr als Profi-Spieler gefühlt, ich weiß das sehr zu schätzen.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Die ELF hatte kürzlich auf Instagram die fünf besten Touchdowns des Jahres veröffentlicht. Einer davon war deiner im Spiel gegen die Panthers in Woche 1. Was für ein Gefühl hattest du speziell bei diesem Touchdown und diesem Spiel im allgemeinen? Und wie wurde es in deinem Umfeld aufgenommen?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Zuerst muss ich sagen, dass es im ersten Spiel in Breslau brüllend heiß war. Es müssen über 30 Grad gewesen sein und wir haben auch noch die Sonnenseite des Stadions abbekommen. Es war also nicht viel mit Abkühlen. Ich hatte das Glück, dass ich starten durfte. Nach dem ersten Quarter hatte ich dementsprechend schon nach Sauerstoff gerungen. Zusätzlich war ich auch konditionell noch nicht so aufgestellt, wie ich es gerne wollte. (lacht) Zusätzlich war ich natürlich auch nervös und mein Mund trocknete ziemlich schnell aus. Es hat alles perfekt zusammengespielt. Als dann der Spielzug des Touchdowns kam, hat Jan mich auf eine relativ tiefe Passroute geschickt. Er hat mir dann vertraut und den Ball zu mir geworfen. Es war auch ein sehr enges Ding, sowohl der Safety (Anmerkung: Nummer 19 der Panthers Daniel Piątkowski) als auch ich waren in der Luft am Ball. Unglücklicherweise hat der Safety dann den Ball bekommen. Auf dem Weg einen Pick Six zu versuchen, kam der großartige Nick Wiens ins Spiel. Zusammen konnten wir dem Safety den Ball entreißen. Ich konnte ihn aufnehmen und so zu einem Touchdown laufen. Wegen den eben genannten Faktoren konnte ich dann nicht einmal mehr atmen, weshalb auch die Touchdown Celebration ausgefallen ist. Darüber machen sich meine Kollegen heute noch lustig, aber das ist es ja auch. Aber seither wird mir viel Aufmerksamkeit geschenkt, etwas, das ich vorher gar nicht kannte.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Es wurden vier neue Teams für 2022 verkündet. Was denkst du über diese Expansion für die kommende Saison.
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Ich bin sehr glücklich, dass die Expansion stattgefunden hat. Alle, die nicht an die ELF geglaubt haben, sehen jetzt den Gegenbeweis, dass die Liga sehr wohl wächst. Mit Österreich und der Türkei sind wir jetzt in noch mehr Ländern vertreten, das zeigt, was uns Tolles in der Zukunft erwarten wird. Mit unserem Derby ,,Rhein zufāllig“ sind wir auch noch in der selben Division, darauf freut man sich dann natürlich umso mehr. Wir haben dann noch das Glück, wieder nach Barcelona und Istanbul reisen zu dürfen. Das alles lässt mich immer mehr fühlen, wie professionell das Ganze ist.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Du hast Rhein Fire jetzt schon angesprochen. Zwischen Köln und Düsseldorf gibt es ja eine Rivalitat. Merkt man diese im Team schon jetzt?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Da sich jetzt zwei Teams in NRW befinden, wägen einige vielleicht ab, für Düsseldorf zu spielen. Speziell natürlich die Spieler, welche in Düsseldorf leben. Ich persönlich dachte mir, als die ersten Rhein Fire Gerüchte aufkamen, dass diese hoffentlich nicht wahr sind. Ich wollte natürlich keine guten Team-Mitglieder an ein anderes Team verlieren. Auf der anderen Seite ist der der Derby-Gedanke natürlich etwas, auf das ich mich am meisten in der kommenden Saison freue. Als „Kölscher Jung“ wird dir von klein auf eingetrichtert, dass Düsseldorf sporttechnisch immer unter Köln stehen wird. Das werden wir natürlich auch versuchen umzusetzen, da ist also definitiv eine Rivalität mit Spannung in der Luft. Natürlich wünsche ich den Jungs, die von den Centurions zu Rhein Fire gewechselt sind, eine gesunde und gute Karriere. Wir wünschen ihnen einen gesunden und verdienten zweiten Platz hinter uns.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Was war das für ein Gefühl, als du im Kölner Stadion vor heimischen Publikum dein erstes Spiel hattest?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Das war für mich wieder ein krasser Szenenwechsel. Letztes Jahr, als ich noch in einer anderen Sportart gespielt habe, waren da vielleicht 20 bis 30 Zuschauer. Dann stehst du auf den Football-Platz und wirst von ungefähr 2000 Leuten angefeuert, das war eine unglaubliche Atmosphäre. Besonders stolz war ich dann, meine Stadt Köln in einer europäischen Liga zu repräsentieren. Es war ein richtig gutes Gefühl, Teil von etwas so Großem zu sein und die Heimatstadt zu vertreten.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Nun habt ihr in Köln sehr engagierte Fanclubs, beispielsweise die Legion of Jupp oder EmpireCologne. Was gibt es dir als Spieler zu wissen, dass diese Fans hinter dir stehen?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Es ist definitiv etwas Großartiges. Man merkt schon den Unterschied zwischen Leuten, die sich einfach gerne ein Spiel anschauen und mal klatschen und zu den Fanclubs, die hinter einem stehen und dich anfeuern. Es ist für uns sehr wichtig, dass die Fanclubs Stimmung machen, indem sie z.B. Fan-Gesänge anstimmen. Auch Banner und Flaggen in den Zuschauerrängen bauen auf. Man weiß einfach, dass man Fans hinter sich hat, die Bock auf unser Team haben. Damit strengt man sich erst recht an und versucht, eine gute Show abzuliefern.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Gibt es einen Moment mit den Fans, an den du gerne zurück denkst?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Es gibt natürlich Vieles, an das ich gerne zurück denke. Alleine die Tatsache, von Fans bejubelt zu werden, weil ich Teil eines so tollen Teams bin, ist großartig für mich. Aus den Zuschauerrängen wird dein Name gerufen, sie wackeln am Zaun und machen eine krasse Stimmung. Das alles, obwohl dich die Leute nicht persönlich kennen. Du bist in deren Herzen, einfach nur, weil du das Centurions Trikot trägst. Richtig cool fand ich auch das Abklatschen nach dem Spiel mit den Fans, wenn sie Fotos machen und mit mir sprechen. Eines der liebsten Dinge, an die ich zurück denke, hat mit ein paar Jungs zu tun, zu denen ich nach dem Heimspiel gegen die Panthers gegangen bin. Sie haben während des ganzen Spiels eine großartige Stimmung gemacht und nach dem Spiel gab es dann noch eine Bierdusche für mich. Etwas ganz besonderes war natürlich auch, dass meine Familie da war, um mich anzufeuern.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Du hast für 2022 wieder bei den Centurions unterschrieben. Was sind deine kurz- und langfristigen Ziele, die du dir gesetzt hast?
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Mein erstes Ziel ist auf jeden Fall, bis zum Anfang der Saison wieder voll einsatzfähig und fit zu sein. In der Offseason wurde ich nämlich an der Schulter operiert. Ich hatte auch noch einen Innenbandriss am Knie, lustigerweise den selben, den sich Anthony Dablé-Wolf am selben Tag zugezogen hat. Das sind Sachen, die passieren im Football und davon versuche ich, jetzt wieder bestmöglich zurück zu kommen. Mein langfristiges Ziel ist es nun, dass ich mir einen Namen bei den Leuten machen möchte. Ich würde es gerne so haben, dass die gegnerischen Coaches sagen müssen, dass die Spieler auch ein Auge auf mich haben sollen. Natürlich ist die Meisterschaft ein wichtiges Ziel. Ganz wichtig ist auch, dass Düsseldorf am Ende der Saison 0-2 gegen uns steht.
𝗙𝗼𝗼𝘁 𝗕𝗼𝘄𝗹: Meine Fragen sind zu Ende, aber als Gast würde ich dir natürlich gerne die berühmten letzten Worte überlassen.
𝗔𝗮𝗿𝗮𝘀𝘀: Ich bedanke mich erst einmal, dass ich hier im Interview sein durfte, ihr macht einen guten Job. Dann möchte ich mich bei den Leuten bedanken, die mir weiterhin die Chance geben, in der ELF spielen zu können. Vornweg David Drane oder unserem Headcoach Frank Roser. Einen fetten Dank an alle, die zur ELF beitragen, ob als Insider oder Zuschauer. Ohne euch wäre die ELF nicht das, was sie jetzt ist
Foto: Sarah Philipp Photography
Interviewer: Dominik Kircher